Ralph Lauren geht mit zeitloser Mode an seiner Zeit vorbei
Eines muss man Ralph Lauren lassen: Der Mann hat Mumm. Aller Widrigkeiten zum Trotz hält er an seinem Programm fest und bleibt sich selbst treu. Auch wenn sich alles gegen ihn zu verschwören scheint.
Das Modehaus des Designers liefert weiterhin enttäuschende Umsatzzahlen. Die Millennial-Generation hat ihm quasi den Rücken zugekehrt, auf Instagram ist seine Präsenz anekdotisch und das Produktangebot hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Und doch zeigt er sich mitten im Gefecht, und stellt sich beim Begehen des Catwalks in den Skylight Studios am Hudson River nach seiner jüngsten Runway-Show dem zurückhaltenden Applaus.
An der Seite seiner Frau Ricky grüßt Ralph Lauren an diesem Montagmorgen einige Stars und Sternchen in den ersten Reihen, darunter Katie Holmes und Hilary Swank. Der Designer zeigte sich in einem klassischen zweireihigen Blazer, Denim-Jeans und Westernstiefeln – einem Outfit, das nach der von seinem Ferienhaus in der jamaikanischen Montego Bay inspirierten Kollektion etwas inkongruent wirkte.
Nach zwei schwierigen Jahren schnitt Ralph Lauren 2017 noch schlechter ab, im vierten Quartal schrumpfte das Ergebnis in Nordamerika um 10 Prozent. Trotz positiver Zahlen aus China gingen die weltweiten Umsätze um mehr als 4 Prozent zurück.
Und auch der jüngsten Kollektion dürfte kein besseres Los beschieden sein. Sie startete schwungvoll mit ein paar bezaubernden Kleidern in Strandmanier mit Muschelprints und ein paar überzeugenden Denim-Looks. Darunter insbesondere ein von Topmodel Bella Hadid getragenes Acid-Dyed-Cocktailkleid mit blauem Federbesatz. Doch an zu vielen Stellen zeigte Lauren eine naiv anmutende und lediglich karibisch angehauchte Neuinterpretation seiner klassischen Hamptons-Urlaubs-Looks. Endlose Kipper-Krawatten mit klassischen Yacht-Aufdrucken und Strickpullover mit Ozeandampfern. Die breitkiefrigen männlichen Models der Show sahen mehrheitlich aus wie Dick Tracy-Trickfilmfiguren im Strandurlaub.
Die Musik für das Finale wurde von der jamaikanischen Musiklegende Bob Marley geliefert. "Is This Love", sang er, und rundete damit die karibische Ferienstimmung auf dem mit sommerlichen Jalousien und Liegestühlen ausgestatteten Set ab. Als würde sich der Designer inmitten des tosenden Sturms, in dem sich sein Modehaus befindet, nach einem ruhigen Augenblick sehnen.
"Alle wünschen sich einen magischen Ort herbei, an dem sie eine Auszeit nehmen und in die Schönheit der Natur eintauchen können … Meine Womens- und Menswear-Kollektionen beschwören den sorgenfreien, eleganten Stil dieser besonderen Erfahrung – ausgelassen, luxuriös, zeitlos", so der 78-Jährige zu seiner Kollektion.
Nun gibt es aber zeitlos – und zeitfremd. Und Zweiteres trifft bei dieser Kollektion viel deutlicher zu.
Alles in allem scheint Ralph Lauren in dieser für die Modebranche schwierigen Zeit das jüngste Beispiel einer zentralen, etablierten Marke zu sein, die nicht schnell genug auf den raschen Wandel im Marktgeschmack zu reagieren wusste. Ein weiteres Modehaus, das sich von den Schwierigkeiten im amerikanischen Einzelhandel überrumpeln ließ und nicht auf die Bedürfnisse der Onlinegesellschaft und ihrer neuer Konsumverhalten einzugehen vermochte.
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