Robin Driver
05.01.2018
Image-Wechsel bei American Apparel für die Markenstärkung
Robin Driver
05.01.2018
Unter der Leitung eines rein weiblichen Führungs-Teams versucht die in LA ansässige Marke einen umfassenden und integrativen Image-Wechsel durchzuführen, um sich von den kontroversen, in der Vergangenheit liegenden Kampagnen mit minderjährig wirkenden Models zu distanzieren, zugunsten einer facettenreichen und authentischen Ästhetik.
Die neue "Back to Basics"-Werbekampagne der Marke, die seit Ende 2017 erscheint, wurde von einem kleinen Inhouse-Team von männlichen und weiblichen Fotografen produziert. Die Fotos zeichnen sich durch eine minimale Retusche aus. Models und bezahlte Influencer sind keine zu sehen, stattdessen präsentieren die Anzeigenmotive normale Menschen im Einklang mit einer integrativen Marketing-Strategie, die verschiedene Körpertypen und Ethnien hervorhebt.
In dem Versuch, der Kritik bezüglich des Alters der in den American Apparel Anzeigen erscheinenden Models ein Ende zu setzen, wurde in einem kürzlich von der Marke veröffentlichten Casting-Call gefordert, dass die Bewerber "25 Jahre oder älter" sein müssten. Diese Veränderung blieb in den sozialen Medien nicht unbemerkt, da ein Instagram-Nutzer kommentierte: "Endlich weniger sexualisierte vorpubertierende Körper in deren Anzeigen."
Die Marke hat jedoch nicht ganz mit dem verführerischen und koketten Image, für das sie bekannt geworden ist, abgeschlossen. Die Marketing-Leiterin Sabina Weber beschrieb die neue Kampagne für das amerikanische Magazin "Adweek" als "ehrlich, direkt, spielerisch, integrativ, sexy und zuweilen etwas provokativ".
"Frauen befinden sich derzeit stark im Konflikt damit, sexuell zu sein, aber wir nehmen die Position ein, immer noch sexy zu sein, ohne Rechtfertigung, aber aus einer ermächtigten weiblichen Perspektive heraus", fügte sie hinzu und betonte den Perspektivwechsel, der dem Rebranding des Unternehmens zugrunde liege.
Im Zuge dieser Umstellung wurden ebenfalls Bemühungen für die Sicherstellung, dass männliche Models in ähnlichen Posen und in gleichen Anzahl an Kleidungsstücken wie ihre weiblichen Kollegen fotografiert wurden, unternommen.
Ein weiteres Merkmal, das von früheren Kampagnen von American Apparel beibehalten wurde, ist das Vorhandensein von Achselhaaren bei weiblichen Models. Die Aufregung, die dadurch entstehe, mache sie – wie Weber gestand –stutzig. "Auch wenn wir meinen, wir würden uns weiterentwickeln und Fortschritte machen, sind Frauen immer noch so aufbrausend und verurteilend, wenn eine andere Frau es wagt, ihren Körper zu zeigen", erklärte sie.
Bis vor kurzem beschwor das Unternehmen, das 1989 von Dov Charney gegründet und Anfang 2017 von Gildan Activewear erworben wurde, Kontroversen mit seinen sexualisierten Marketing-Bildern herauf, die oft junge Frauen in kompromittierenden oder verletzlichen Positionen zeigten. Einige der Fotos wurden von Charney selbst aufgenommen, der 2014 nach einer Reihe von Vorwürfen wegen sexueller Belästigung als CEO seines Amtes enthoben wurde.
Der Image-Wechsel von American Apparel kommt zu einem Zeitpunkt, in dem sich die Modebranche im Zuge einer Reihe hoch-brisanter Fälle von sexueller Belästigungen – an denen namhafte Fotografen wie Terry Richardson und Bruce Weber beteiligt sind – dazu aufgefordert sieht, sich den Frage über einige der herrschenden Praktiken stellen zu müssen.
Aufgrund der Leichtigkeit, mit der Informationen heutzutage über soziale Medien geteilt werden können, müssen Marken offener über die unternommenen Schritte berichten, um sexuelle Belästigung in ihren Unternehmen aktiv zu bekämpfen. Es ist das Bestreben nach höherer Transparenz, das den aktuellen Trend anführt, damit Marken authentischer werden und die Werte ihrer Konsumenten vollkommener widerspiegeln.
Kampagnen für den Wandel in der Modeindustrie wurden auch von anderen Organisationen weltweit gestartet. Der British Fashion Council beispielsweise trat kürzlich der British Fashion Model Agency Association als Teil der "Models First"-Initiative bei, die darauf abzielt, eine Charta der vorbildlichen Praxis zu entwickeln und die den in Großbritannien arbeitenden Models eine Stimme verleiht. In Frankreich sind dagegen die Unternehmen nun gesetzlich dazu verpflichtet, Retuschen in ihrem Marketing offenzulegen.
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