Godfrey Deeny
17.06.2018
Donatella Versace Gegenschlag zu „American Crime Story“ am Bloomsday
Godfrey Deeny
17.06.2018
Diese neueste Modenschau von Versace war deswegen bemerkenswert, weil vorher niemand fragte, wer der neue Designer des Hauses sei. Das aussagekräftigste Element waren stattdessen die Zeitungs-artigen Schlagzeilen-Grafiken der Kollektion.
Diskussionen über einen möglichen Austausch, Nachfolger oder Assistenten von Donatella waren das Leitmotiv von Versace seit dem vergangenen Jahr. Diese schnell inszenierte Show war umso besser, weil darüber nicht viel geredet wurde. Stattdessen war die Hauptbotschaft die Art, wie die Kleidung mit Grafiken übersät war: Tabloid-artige Covers von einer Tageszeitung benannt als "The Versace", mit Schlagzeilen wie "Super Exklusiv!" oder "Versace spricht endlich!".
Es gab klare Verweise auf die TV-Serie "American Crime Story": Die Ermordung von Gianni Versace. In einer Erklärung im Januar betonte das Haus, dass die Versace-Familie "die Fernsehserie weder autorisiert noch an ihr beteiligt gewesen sei" und dass es "als ein Werk der Fiktion behandelt werden sollte".
Die Show wurde unter einer wunderbar erdachten Laube aus hängenden Glyzinien auf einem Plexiglas-Laufsteg im Innenhof des historischen Palazzo des Hauses in der Via Gesù präsentiert. Unterstützt wurde die Show von einem eindrucksvollen Soundtrack, inklusive dem mitreißenden Song "Inhliziyo" von Faka, und einer erstklassigen Model-Besetzung mit einer besonders distanzierter Kendall Jenner – hinreißend hereinstürmend in einem großartigen Minikleid mit Ketten-, Juwelen- und tropischem Blumen-Print -– und Bella Hadid in einem schwarzen Minikleid mit Rüschen.
Alles in allem war an dieser gemischten Kollektion nichts wirklich falsch und es gab tatsächlich eine Menge hipper und attraktiver Modeteile. Aber es fehlte ihr an richtiger Dramatik und echter Aufregung – zwei Eigenschaften, die man normalerweise vom Medusa-Haus erwarten kann.
Man konnte nicht anders als die coolen Nadelstreifenanzüge in hellem Grau zu bewundern, wo der Streifen aus Mini-"Versaces" bestand, oder die den Tag erhellenden, pastellfarbenen Anzüge in Neonpink und Neongrün. Es war jedoch seltsam, eine Versace Runway-Kollektion zu sehen, die eher an Supreme erinnerte. Diese New Yorker Streetwear-Marke war in diesem Jahr überall auf den italienischen Laufstegen präsent, aber man hatte das nicht bei Versace erwartet.
Am Ende machte Donatella eine glanzvolle Verbeugung: Offensichtlich als Verantwortliche und ihrem Publikum direkt in die Augen schauend, nachdem sie ihren Backstage-Bereich seit 12 Monaten mehr oder weniger verschlossen hatte.
Wie genau war die Fernsehserie über den wirklich schrecklichen Tod ihres Bruders? Letztendlich drehte sie sich viel mehr um den düsteren Verlierer Andrew Cunanan, der in Amerika eine Serie an Morden durchführte, bevor er Gianni in Miami tragisch erschoss.
Ehrlich gesagt, als jemand, der sich mit Gianni traf, ihn interviewte, mit ihm speiste und an seinen Partys teilnahm, fand ich die Serie visuell gesehen sehr genau. Der Klang hingegen fühlte sich völlig falsch an. Trotz pflichtbewußter Auftritte spielten spanische Schauspieler – von denen keiner im Entferntesten italienisch klang – alle Schlüsselfiguren von Donatella, Gianni und seinem Partner Antonio D'Amico. Genau betrachtet fand die Show am 16. Juni und damit am Bloomsday statt, der Gedenktag zu Ehren James Joyce und seines Werkes "Ulysses", dem größten englischsprachigen Roman des 20. Jahrhunderts. Stellen Sie sich mal vor, Sie bitten einen Haufen Waliser, all die Iren in einer Fernsehserie von Ulysses zu spielen. Würde nicht funktionieren, oder?! Das funktionierte auch nicht in der TV-Serie von Versace!
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